Ghost of Yōtei – Eine offene Welt, die dich findet

Ghost of Yotei führt dich ohne Symbolflut organisch durch eine der stimmungsvollsten Open Worlds des Jahres. Packende Hauptquests, starke Atmosphäre und butterweiche 60 fps; kleine Schwächen bei In-Engine-Animationen bleiben. Eine klare Evolution der Tsushima-Formel.

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Am 2. Oktober 2025 erschien auf der PS5 Sucker Punch’ neues Action-Adventure Ghost of Yōtei – der geistige – versteht ihr „geistige“ Ghost *g* – Nachfolger zu Ghost of Tsushima. Schon nach wenigen Minuten setzt das Spiel einen Ton, den kaum ein anderes Open-World-Spiel trifft: Es führt dich ohne Symbolflut und völlig organisch in seine Welt, bis du vergisst, dass du „spielst“ und einfach Yōtei erlebst. Ich selbst habe nun ca. 20h in dem Spiel verbracht und bin noch lange nicht am Ende. Aber fangen wir von vorne an.

Worum geht’s?

Atsu erleidet in der Welt von Yōtei einen schweren Verlust: Ihre Familie wird von den Yōtei-Sechs angegriffen. Fortan schwört sie Rache und begibt sich auf die Suche nach Hinweisen, wo sich diese sechs Zielpersonen verbergen. Auf ihrer Reise trifft sie auf eigenwillige Figuren, verheddert sich in kleine und große Geschichten – und durchstreift Landschaften, die mal rau, mal malerisch wirken.

Das ist Atsu. Eine Frau gezeichnet von einem Schicksalsschlag mit der Wut der Rache.

Eine Welt, die sich selbst erklärt

Schon zu Beginn gibt dir Ghost of Yōtei nur drei schlanke Ankerpunkte:

  • einen ersten Marktplatz,
  • euer altes neues Zuhause,
  • und eine Quest für eine neue Kampftechnik.

Alles andere entsteht völlig organisch unterwegs. Die Karte bleibt dabei bewusst still. Der einzig anfängliche Impuls: der dezente Hinweis unten links auf der Karte, dass „irgendjemand etwas über die Yōtei-Sechs wissen muss“. Wer Orientierung mag, kann auf Märkten Karten kaufen und damit klassische POIs freischalten – muss es aber nicht.

Das ist euer erstes neues altes Zuhause.
Auch wenn es hier nicht so leer ausschaut. Das ist ALLEs selbst erkundet. Lediglich 2-3 Karten erkauft.
Ihr ahnt es wohl schon. Ja, der Berg mittig im Bild ist ein POI.

Bekannte Helfer aus dem Vorgänger sind ebenfalls wieder mit dabei: das Vögelchen, das zu Lebensquellen, Bambusständen und anderen Entdeckungen führt, sowie die Füchse, die euch zu Schreinen, Materialien und vielen anderen Dingen führen.

Neu hingegen sind Wölfe, die zu Lagern lotsen, in denen kurze Gefechte warten und Materialien für die Ausrüstungsverbesserung winken. Das alles passiert organisch im Fluss der Erkundung – mitunter stapeln sich die Ereignisse dicht hintereinander, aber der Spielfluss bleibt motivierend.

Der leitende Wind ist natürlich auch wieder mit dabei. Streicht über das Touchpad nach oben und der Wind wird euch zeigen, wohin ihr reiten müsst.

Lebendige Kulisse, gebaut für Fotos

Yōtei wirkt quicklebendig: Vogelschwärme, Pferdeherden, sich wiegende Gräser, wandernde Wolkenschatten auf fernen Berghängen – und über allem thront der Yōtei, der tatsächlich erklommen werden kann. Der Fotomodus ist verführerisch: Partikel an/aus, Intensität, Windrichtung, Tageszeit – die Welt scheint bewusst so komponiert, dass fast jeder Blickwinkel als Postkartenmotiv taugt. Wer gern innehält und Momente rahmt, drückt häufig auf dem Steuerkreuz nach rechts.

Haupt- und Nebenquests

Die Hauptquests sind die dramaturgischen Höhepunkte: aufwendig inszeniert, mit CGI-Zwischensequenzen und ordentlich erzählerischem Punch – inklusive Überraschungen, die gezielt mit den Erwartungen des Spielers jonglieren. Daneben entfalten sich zahlreiche Nebengeschichten: mal schlicht, mal aufwendiger, oft mit Lernmomenten (neue Kampftechniken) oder meditativen Aufgaben wie das Erklimmen eines Schreins.

Das kann den Rhythmus strecken – vor allem, wenn man sich bereitwillig ablenken lässt. Wer schnurstracks der Hauptgeschichte folgt, verpasst allerdings charmante Nebenquests.

Die erzählerische Qualität ist dabei sehr hochwertig, aber im Story-Bereich nicht das Maß der Dinge. Da habe ich schon andere Storys erlebt (netten Wink an Red Dead Redemption 2), die besser geschrieben wurden. Dennoch ist die Hauptquest nicht schlecht. Sie unterhält gut und wartet mit einigen unvorhergesehenen Twists auf euch.

Erklimmt den Yotei, mithilfe eines Schreins
Euch begegnen unterwegs zahlreiche Charaktere die euch in die verschiedensten Geschichten verwickeln.
Gönnt euch eine Pause. Macht euch Fisch am Feuer oder pennt eine Runde.

Neben dem Lager gibt es auch, die bereits erwähnten Schreine, die es zu erklimmen gilt, ihr malt Bilder mit dem Touchpad (mein Favorit), schneidet Bambus, jagt Kopfgelder, erkundet Höhlen usw. usf.

Technik: Schauwert mit kleinen Kanten

Visuell liefert Ghost of Yōtei deutlich mehr, als frühe Trailer vermuten ließen:

  • Leistungsmodus: butterweiche 60 Bilder pro Sekunde
  • Auflösungsmodus: 4K bei 30 Bildern pro Sekunde

Die Weitsicht, das Spiel mit Wind und Wetter, Rauchfahnen in der Ferne, Herden in Bewegung – all das beeindruckt und lief im Test ohne Ruckler oder nennenswerte Bugs. Abzüge gibt es bei In-Engine-Gesichts- und Laufanimationen, die im Kontrast zu den hervorragenden CGI-Sequenzen gelegentlich hölzern wirken. Der Spielfreude schadet das kaum, es fällt nur auf, weil der Rest so stark ist.

Die CGI-Sequenzen sind der Hammer.
Atmosphäre kann das Spiel

Die UI – schlicht und elegant, aber mit Stil

Die UI hat Sucker Punch schön aufgeräumt und clever wie sinnvoll umgebaut. Der Geschichten Reiter fiel weg, das ist nun auf der Karte als Karten unten links angeordnet. Dafür kam der Reiter Wolfsrudel hinzu, der euch in schönen Artworks die Charaktere, die ihr kennenlernt, näherbringt.

In den Einstellungen könnt ihr neben der Grafikmodi, gewisse Stilmodi aktivieren. Vom Miike-Modus – der mehr Schlamm und Blut hinzufügt, bis zum Watanabe-Modus, der dem Gameplay LoFi-Musik hinzufügt und somit alles chillig wirken lässt.

Klang, Kultur, Stimmung

Ghost of Yōtei versteht seine Welt als Gesamtkunstwerk: Kultur, Musik, Tierwelt und Natur greifen ineinander. Die Optik balanciert zwischen realistisch und malerisch; mit Regen setzt ein feiner Glanz Akzente, der Oberflächen und Farben zusammenbindet. Das Ergebnis ist eine Atmosphäre, die nicht nur erzählt, sondern fühlen lässt.

Schön auf den Bildern zu sehen, sind die verschiedensten Biome. Von herbstlichen Tönen, bis saftigen grünen Landschaften, schneebedeckte Umgebungen. Ist alles dabei und sieht echt toll aus!

Stärken & Schwächen auf einen Blick

Stärken

  • Organische Erkundung ohne Symbolflut – die Welt „spricht“ mit dir
  • Dichte, lebendige Kulisse; grandiose Fernsicht und Wetterdynamik
  • Starker Fotomodus mit vielen Reglern
  • Packende Hauptquests, überraschende Wendungen
  • Sehr gute Performance (60 fps) und saubere Technik

Schwächen

  • In-Engine-Gesichts- und Laufanimationen teils hölzern
  • Der offene Aufbau kann den Erzählfluss strecken, wenn man sich treiben lässt

Fazit

Ghost of Yōtei ist nicht die Revolution des Vorgängers, sondern dessen kräftige Evolution. Sucker Punch hat die Bausteine von Ghost of Tsushima auseinander genommen und spürbar verfeinert: Weltgestaltung, Erkundung, Inszenierung – alles wirkt reifer und natürlicher. Wer mit Samurai-Thematik, Japan-Setting und großen, atmosphärischen Landschaften etwas anfangen kann, bekommt eine der schönsten offenen Welten des Jahres.

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