Der 13. September 2022 ist vorbei und die Anime-Serie von Studio Trigger ist bei Netflix mit einem Umfang von 10 Folgen a 20-25min gestartet. Einige konnten sogar die ersten 3 Folgen als Weltpremiere in einem Co-Stream, der einen Tag zuvor bei CDPR auf Twitch stattfand, mit den Entwicklern gemeinsam schauen. Ich habe die Serie nun komplett einmal in Deutsch geschaut, plus die ersten 3 Folgen in Englisch und später, wegen des Vergleichs, paar mal in Deutsch und Englisch hin und her geswitcht. Hier nun meine ehrliche Meinung.
Noch ein paar Worte zum Anfang. Cyberpunk: Edgerunners ist -meine allererste Anime-Serie-, die ich komplett durchgeschaut habe. Ich habe also in dem Bereich des Animes fast keinerlei Erfahrung, bis auf bisschen Psycho-Pass und paar Folgen Death Note. Finde aber auch, dass das man das nicht haben muss. Im Gegenteil, der Anime ist an die Fans des Spiels und auch ans Massenpublikum gerichtet. Diese Review spiegelt auch meine persönliche Meinung wieder und muss nicht mit deiner übereinstimmen. Aber nun, legen wir los!
Ein Weltklasse-Intro und ein sehr guter Anfang.
Große Schriften, affengeil gestaltet und animiert. Das Intro! Das ist meiner Meinung nach sehr sehr gut gelungen, trotz dessen skippte es aber dennoch nach 3-4mal sehen, weil es irgendwann einfach zu lang wurde. Wie ich aber weiß, sind solche tollen Intros im Anime-Bereich leider eine Seltenheit. Von der Gestaltung, nicht von der Länge.
Wer die ersten 3 Folgen schaut, wird merken, viele Szenen kennt man bereits aus der PR, die Vorfeld auf allen Kanälen stattfand. Wer obendrein Cyberpunk 2077 rauf und runter spielt, und das werden sehr viele sein, wird so viele „Das kenn ich doch“-Momente haben, wie selten in einer Serie. Night City und seine umgebenden Bandlands sind der Star und der Schauplatz des Ganzen. Was so weit geht, dass man im Spiel sogar herausfinden kann, welcher Charakter wo wohnt und wo was exakt spielt. Auch der Wiedererkennungswert ist erstaunlich(!) gut gelungen. Aber dazu später mehr im Abschnitt Animation und Grafik.
Cyberpunk: Edgerunners beginnt sehr chillig und baut in der ersten Folge seine Story gemächlich auf und hat dabei ein gutes Pacing. Zu mindestens in den ersten 3 Folgen! Ich mag jedes Mal weiterschauen wollen, weil ich wissen will, wie es weitergeht, das ist sehr gut, setze ich aber bei einer guten Serie voraus. Leider lässt aber das Pacing im letzten Drittel etwas nach, und zum Ende hin ist es gefühlt auch etwas zäh. Mehr dazu unten im Spoilerteil.
Lokalisation, Ton und Sprachstil
Die Anime-Serie hat ungewöhnlich viele Voice-Overs, satte 12 Stück! Was ich, wie ich in Erfahrung bringen musste, nicht der Standard ist. Da hat CD Projekt RED und Studio Trigger vorbildliche Arbeit geleistet. Auch ist die Vertonung im Englischen sehr gut gelungen und im Deutschen gut bis sehr gut. Es gibt aber Abstriche. Den man hat im Deutschen auf Teufel komm raus, sehr viele Begriffe „eingedeutscht“.
Was meine ich damit? Naja, in der deutschen Cyberpunk 2077 Fassung ist es so, dass man ein wenig „Denglisch“ spricht. Also dass trotz deutscher Fassung, des Stiles halber, manche Worte im Englischen belassen wurden. Bei Edgerunners wurden aber einige Begriffe wie Nova, Preem, das in Night City vorkommende WALK / DONT WALK und auch das Titelgebende „Edgerunner“ übersetzt. Da wurde aus Nova sowas wie mega oder krass, und aus dem Edgerunner eben halt „Cyberpunk“. Rein von der Übersetzung her, nicht falsch. Aber stiltechnisch, naja. Da wird eben halt manchmal gefragt, ob man ein Cyberpunk werden mochte. Was mich wunderte XD Sind den in diesem Franchise nicht ALLE automatisch Cyberpunks? Wir sind im Cyberpunk-Genre! Hätte es schöner gefunden, dass man den Begriff „Edgerunner“ auch dabei belässt.
Bis auf diese kleine Sache ist die Übersetzung aber CD Projekt RED typisch gut gelungen und ich bin SOOOO dankbar, dass es ein deutsches Voice-Over gibt. Ich bin einer derjenigen, der nicht gern japanisch mit dt. UT schaut. Es ist anstrengend XD Bin auch sehr begeistert, dass man mit aller Konsequenz den cyberpunkigen Sprachstil beibehält. Es gibt teilweise Szenen, da wird mit Schimpfwörtern und Fäkalsprache nur so um sich geworfen. Das ist Cyberpunk, so muss das! Es war durchweg eine pure Freude den Dialogen zuzuhören, weil Sie so gut geschrieben sind.
Was den Ton betrifft, musste ich feststellen, dass die Abmischung etwas komisch ist. Es gibt massig Actionszenen, in denen auch gesprochen wird. Nur in diesen hektischen Szenen versteht man oftmals nicht, was die Figuren sagen. Wenn es schrei-Laute sind, von mir aus. Aber wenn Aussagen kommen, mag ich die verstehen. Das Ganze ist aber nur so, weil die Umgebungsgeräusche das teils übertönen. Es gibt auch Holo-Gespräche, die so schnell gesprochen sind, dass ich mehrfach kurz 15sek zurückspulte, um diesen Satz nochmal zu hören und es letztendlich auch zu verstehen. Vielleicht verstehen die jungen Kids das alles, aber ich mit nahe der 40 habe da so meine Problemchen.
Grafik und Animation
Ich als Fan von Artworks, Grafiken und allem gut gestalteten, hatte seine wahre Freude an dem Anime. Jede Einstellung, jedes Bild ist beinahe ein wahres Fest für die Augen. Quasi jede Szene ist ein kleines Kunstwerk. Dennoch hätte ich mir manchmal etwas mehr Animation gewünscht. Manche Szenen wirken manchmal etwas zu statisch. An anderen Stellen fiel mir auf, dass manche Szenen gefühlt viel zu schnell ablaufen. Zu mindestens für meinen Geschmack. Es gab auch Szenen, da waren soviel Farben und Details, dass ich nicht erkannte, was geschieht hier da grade eigentlich? Als würde sich alles zu einem Farbenbrei vermischen. Aber alles in allem ist Cyberpunk: Edgerunners ein wahrer Augenschmaus und ein Fest für Anime-Gucker.
Ihr werdet zudem auch vom HUD der Figuren vieles wiedererkennen. Wenn Lucy zum Beispiel das versucht das EIS zu brechen und wie eine bekloppte im Breach-Protokoll ihr Ding versucht. Oder das Holo. Wenn sich Figuren melden, weil diese einen Job haben oder dir einfach was mitteilen. Auch Fahrzeuge, Häuser und sogar Waffen kann wiedererkennen. Also da wurde großer Wert gelegt, das sich Fans des Spiels sofort wiederfinden, was ich ehrlich gesagt echt cool finde. Auch Night City und die umgebenden Badlands sind grafisch einfach Bombe!
— SPOILER WARNUNG —
Story und das Ende
Wie in all den anderen Abschnitten, gibt es auch hier viel Licht und auch Schatten. Eines vorweg: Mir gefiel die Story, aber nicht das Ende. Aber worum geht es eigentlich?
David Martinez, ein kleiner Punk, der mit seiner Mutter in Night City lebt und auf die Arasaka Akademie geht. Seine Mutter versucht mit ach und krach die Schulgebühren und die Miete zu verdienen. Zur Not mit so legalen Jobs. David fällt natürlich in der Akademie auf, hat mit so manchen seine Probleme. Durch einen Zwischenfall, in dem seine Mutter auch zu Tode kommt, kommt David an eine Cyberware und wird damit superschnell und auch derbe stark. Dieser schließt sich dann einer Gang an, der auch Lucy, Rebecca etc. angehören. Irgendwann übertreibt es aber David mit der Cyberware und wir Chooms wissen, was das bedeutet. David wird immer mehr zum Cyberpsycho. Was letztendlich auch geschieht.
CD Projekt RED beweisen mal wieder, sie können wahrlich gute Storys schreiben. Vor allem interessant und durchweg spannend. Die Charaktere sind allesamt gut geschrieben, in ihrer Motivation nachvollziehbar und es macht Fun ihn zuzusehen. Auch die Idee mit Faraday und seinen 4 Augen (3 links und eines rechts). WOW! Der Humor kommt ebenfalls nicht zu kurz. Am Anfang des Artikels erwähnte ich mal das Pacing. Das ist in den ersten 3-4 Folgen wirklich sehr gut. Das lässt aber in den letzten Folgen nach und man verheddert sich ein wenig in Sachen, wo ich manchmal dachte. Wann gehts nun weiter? Mir gefällt zudem nicht, was aus David Martinez wurde. Ich mochte das Kerlchen wie er Anfangs war, mit ein wenig Cyberware. Als er dann ein Badass-Muskelprotz mit tonnenweise Cyberware wurde, gefiel mir die Richtung nicht mehr ganz so gut. Am Ende hatte ich das Gefühl, ja Ideen sind langsam Mangelware, jetzt lasst es eskalieren und steigert alles ins unermessliche, egal wie bekloppt und albern das wirken mag. Ich weiß, im Cyberpunk ist alles krank und krass. Aber selbst das passiert bedacht und mit Stil. Was am Ende mit David dann aber passiert, verrate ich euch aber nicht. Nur soviel, ein euch bekannter Kontrahent aus Cyberpunk 2077, tritt gegen David an.
Fazit
Es mag viel heißen, dass selbst diejenigen, die bisher keine Anime schauten, sich diesem zu Gemüte führen. Er ist verdammt gut umgesetzt und für jeden Fan von Cyberpunk 2077 und die, die es noch werden wollen, ein MUST-HAVE! Trotz des für mich etwas „Naja-Ende“, würde ich mir supergern eine 2te Staffel wünschen. Hoffentlich wird mein Wunsch von CDPR und auch Trigger erhört. Ich kann mich nur wiederholen, gut geschriebene Charaktere, grafisch Top! Man spielt hier in der Oberliga der Anime mit und hat mich dazu bewegt, als Neueinsteiger in diesem Genre, nach anderen Anime zu suchen. Daher eine glatt 9/10! Oder wie es David Martinez sagen würde: SCHEIßENGEIL!